Ich liebe Indie-Filme, mein Herz schlägt für Arthouse. Ja, ich mag auch mal die ganz großen Filme, besonders, wenn ich mich einfach nur unterhalten fühlen will. Aber wenn ichs mir aussuchen kann, dann sind es Indie-Filme, für die ich mich entscheide. Einen solchen, „Vier Mütter für Edward“ will ich euch heute ans Herz legen. Weil er so viele Themen berührt, über die wir viel zu wenig sprechen, weil er tolle Schauspielende bietet und zum Nachdenken einlädt. Und das finde ich eh immer gut.
In „Vier Mütter für Edward“ bekommt Edward, gespielt von James McArdle, sehr unfreiwillig drei fremde Mütter einfach übergeholfen. Edward pflegt seit ihrem Schlaganfall seine Mutter, während er gleichzeitig versucht, seine Karriere als Schriftsteller nicht ganz aus den Augen zu verlieren. Denn mit Mitte 30 steht er kurz vor dem internationalen Durchbruch. Sein Buch, bisher vor allem in seiner Heimat geliebt und anerkannt, soll in den USA erscheinen, Edward auf große Pressetour gehen. Nur wie, wenn er sich doch gleichzeitig um seine Mutter kümmern muss?

Sein Leben fließt in immergleichen Bahnen dahin: Er trifft sich täglich mit seinen zwei Freunden, die ebenfalls ihre Mütter pflegen, in der Kirche oder via Facetime. Sie unterstützen sich in ihrer Erschöpfung und der Kraftlosigkeit, die damit einhergeht, pausenlos für ihre Mütter da zu sein. Diese Freundschaft wünsche ich jeder und jedem, denn alles ist doch leichter, wenn man die schwere und die guten Momente mit anderen teilt.
Allerding reicht es den Beiden irgendwann und sie parken ihre Mütter kurzerhand bei Edward. Los gehts für sie zum Pride-Wochenende nach Spanien statt Mama-Fürsorge zuhause. Als Edwards Therapeut den beiden Männern hinterherreist und seine Mutter auch noch bei Edward ablädt, ist dessen Überforderung perfekt.
Plötzlich muss er sich um vier Frauen und ihre sehr unterschiedlichen Vorstellungen von Pflege, Essen und Zusammengehörigkeit kümmern. Sich selbst verliert er dabei kurz aus dem Blick, die Lesereise scheint in weite Ferne. Aber wie lange kann man das eigene Leben, das eigene Sehnen auf Eis legen, um für jemand anderen da zu sein?
Der Film von Darren Thornton, inspiriert vom italienischen Film „Das Festmahl im August“ erhielt auf dem London Film Festival 2024 den Publikumspreis. Ich bin mir sicher, wenn ihr dem Film eine Chance gebt, dann wird er auch euch begeistern. Denn so nahbar und ehrlich, gleichzeitig mit Witz und Lebensbejahung, wurde das Thema pflegende Angehörige selten in den Mittelpunkt gerückt. Ich habe mich im Kino jedenfalls mehrfach dabei ertappt, dass ich dachte: Wie würde ich wohl reagieren, wenn ich in Edwards Schuhen stecken würde?
Perspektivwechsel können immer bereichernd sein, deswegen ist mein dringender Tipp: Lasst euch auf „Vier Mütter für Edward“ ein und sprecht auch mit euren Eltern mal darüber, wie sie sich ihr Älterwerden eigentlich vorstellen. Denn jedes Gespräch zu diesem Thema, was geführt wird, bevor der Notfall eintritt, kann nur gut sein. So wisst ihr im Zweifelsfall was von euch erwartet wird und könnt euch mit euren eigenen Grenzen auseinandersetzen.
„Vier Mütter für Edward“ läuft ab dem 10. Juli 2025 in den Kinos
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