Eigentlich wollten Lucie Heinze und ich uns über ihren neuen Film „Feste Feiern“ unterhalten. Der ist nämlich ziemlich unterhaltsam und sorgt gleichzeitig dafür, dass man noch mal genau überlegt, wie man selbst eigentlich so zum Thema Familienfeiern steht. Oder Ost-West-Konflikte. Oder Langzeitstillen, Patchworkfamilie oder Altern. Das sind nämlich alles Themen, die im Film auch vorkommen.
Ich habe also mit vielem gerechnet, wohin das Interview mit Lucie so führen könnte. Dass wir irgendwann bei KI gelandet sind, hatte ich nicht auf dem Zettel. Aber mich trotzdem darüber gefreut, weil es, wie all die anderen Themen, die Lucie im Interview anspricht, ein wichtiges Thema ist.
Lucie, was hast du mit deiner Figur Karo gemeinsam?
Lucie Heinze: Ich glaube, das Quirlige, das haben wir auf jeden Fall gemeinsam. Karo ist sehr lebensfroh und das bin ich auch. Ansonsten kann ich die vielen Gedanken, die sie sich wegen der Schwangerschaft macht, schon nachvollziehen. Man hat ja Vorstellungen davon, wie das wohl alles sein wird. Das kennt vermutlich jede Frau.
In „Feste feiern“ geht es nicht nur um Schwangerschaft, sondern um viele Themen, die wir alle von Familienfesten kennen. Wie habt ihr das im Ensemble besprochen?
Wir haben viel darüber gesprochen. Julia [Becker, Regisseurin und Drehbuchautorin] hat auch mit uns einzeln gesprochen. Es ging nicht darum, Geheimnisse zu besprechen, sondern um unsere Arbeit mit dem Text. Wir haben ja auf engem Raum miteinander gearbeitet und waren uns bei vielen Themen einig. Spannend war für mich die Sicht der Älteren. Ich war eine der Jüngsten, zusammen mit Julia. Wir saßen permanent an einem Tisch, da konnte niemand weg. [Sie lacht]
Das Schöne war, dass wir uns untereinander kannten: Steffi [Kühnert] war meine Dozentin an der Ernst Busch [Hochschule für Schauspielkunst]. Mit Matthias Brenner habe ich meinen ersten großen Film gedreht und jetzt spielt er meinen Papa. Mit Helgi habe ich drei Jahre lang [„Professor T.“] gedreht. Es war ein kuscheliger Kreis, fast wie Familie.
Warst du schon mal auf einer Party, die so aus dem Ruder lief?
Ja, aber das war dann keine Familienfeier. [Sie lacht] Das passiert ja, dass man Dinge mitbekommt und überlegt, dass jetzt der Moment ist, die Party zu verlassen.

Und hast du schon mal eine Kissenschlacht wie im Film gemacht?
Nein. Julia wollte ein starkes Bild dafür, dass man sich manchmal gegenseitig schütteln möchte. Man kennt sich so lange und denkt dann: Das kann doch nicht dein Ernst sein?!
Trotz unterschwelliger Konflikte wirkte die Paarbeziehung von Karo und Knut sehr respektvoll. Wie streitet man gut?
Meine Filmschwester sagt: „Es muss gestritten werden dürfen“. Vielleicht animiert der Film ja dazu, darüber nachzudenken, wie man mit Streit umgeht.
Ich glaube, gut gestritten ist, wenn man gesagt hat, was man sagen muss. Und wenn man es hinbekommt, dass man den anderen erreicht, indem man ruhig genug bleibt und nicht ins Emotionale rutscht. Wenn man sachlich bleibt, hilft das. Und zwischendurch vielleicht auch viel atmet. [Sie lacht]
Streiten ist auch wichtig. Jeder Mensch hat ja Bedürfnisse. Man muss sich da auch begrenzen in dem, wer und was man ist. Das muss man gut klären können. Und ja, das ist erst mal schwierig. Man lernt von Streit zu Streit. Es kann auch helfen, die größten Emotionen erst mal allein rauszulassen und dann in den Streit zu gehen. Dann agiert man nicht aus der Verletzlichkeit.
Apropos Streit. Was sagst du generell zu Familienfeiern: yay oder nay?
Yay. Auf jeden Fall yay!
Wir sind ein großer Haufen, wenn alle zusammenkommen. Wenn wir uns sehen, dann meistens auf dem Bauernhof, auf dem wir alle groß geworden sind. Da gibt es dann ein schönes Feuerchen und dann wird erzählt.
Da bin ich auch zu sehr Dorfkind. Ich wohne jetzt in der Stadt, aber ich finde Feiern, die draußen und mit viel Platz stattfinden, viel schöner.

Wie treffen wir gut lebensverändernde Entscheidungen? Deine Karo will ja erst mal für sich herausfinden, wie sie zu der Schwangerschaft steht. Die Entscheidung für oder auch gegen ein Kind ist aber eine, die das weitere Leben beeinflusst.
Ich lerne da auch Stück für Stück dazu. Ich glaube, man hört auch nie auf, Sachen zu lernen. Bei mir ist es so, dass ich mich nicht zu schnell entscheide. Ich lasse einen ersten Impuls auf mich wirken und schaue dann, was passiert. Vielleicht lasse ich mir auch noch weitere Impulse geben. Und dann habe ich irgendwann das Gefühl, dass mein Bauch mir Signale gibt und ich weiß, was ich will.
Viel Reden finde ich auch gut. Wenn man niemanden zum Reden hat, dann vielleicht auch im Selbstgespräch. Es ist schon wichtig, das auch mal laut auszusprechen.
Zusammengefasst finde ich also Zeit und Reden ganz hilfreich, um Sachen zu klären. Es gibt natürlich auch Momente, wo ich meine Freundin anrufe und erst mal losplappere. Da merke ich dann, während ich rede, dass es sich eigentlich schon geklärt hat.
Jetzt hast du das Thema Einsamkeit schon angesprochen. Wenn man niemanden zum Reden hat, findest du dann KI einen guten Ersatz?
Das finde ich total gruselig. Mir fehlt da das Herz. Das ist für mich ganz wichtig. Ich habe vor Kurzem mitbekommen, dass es Menschen gibt, die sich mit KI selbst therapieren. Das ist vielleicht cool, wenn man im Loch ist und niemanden hat. Aber ich denke, dass der zwischenmenschliche Kontakt einem etwas gibt, das die KI nicht geben kann. Am Ende machst du den Computer aus und bist dann trotzdem allein.
Es könnte helfen, wenn die KI sagen würde: Triff dich mit anderen Menschen. Du könntest zu einer Sportgruppe gehen und Freunde finden, die ähnlich denken wie du. Das wäre dann etwas Gutes.
Ich habe neulich von Prof. Alke Martens gehört, dass das Problem mit KI auch ist, dass sie einen nicht in die Verantwortung zwingt. Freundinnen oder auch Therapeutinnen würden nachfragen, ob du an festgelegten Zielen arbeitest, die KI tut das nicht.
Ich benutze KI nicht so oft, ich bin da die falsche Ansprechpartnerin. Ich kann mir das aber gut vorstellen. Man bekommt ja auch immer neue Angebote und Möglichkeiten. Wenn man nicht joggen gehen will, dann schlägt die KI vor, einen Tee zu trinken. Eine Freundin würde sagen: Los, zieh‘ die Schuhe an und geh raus!

Wir halten also fest, KI ist nicht so dein Ding?
Wenn sie sozial intelligent wäre und auch so agieren würde, vielleicht. Aber ich kenne mich damit halt überhaupt nicht aus. Und ich sträube mich auch. Ich finde es schrecklich, dass man das gewohnt ist, immer erreichbar zu sein. Dass man erreichbar ist per Telefon, das leuchtet mir ein. Aber müssen wir wirklich jede Sekunde abchecken, was gerade passiert?
Es ist ja auch so, dass man, weil es alle machen dazu gezwungen, es dann auch zu machen. Das ist eigentlich echt unfair. Ich merke, es tut mir nicht gut, wenn ich so viel aufs Handy glotze. Ich verpasse zu viel.
Deswegen bin ich wirklich eher Team keine KI. Ich verstehe, dass es für manche Dinge gut ist, aber es fördert auch, dass Menschen sich immer mehr abschotten, sich nicht mehr begegnen.
„Feste Feiern“ läuft am 08. September 2025 im ZDF. Ihr könnt den Film ab sofort in der ZDF Mediathek anschauen.
Erzählt mal, was ist eure Erfahrung mit KI?
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