Ein Grund, warum ich all diese Interviews mache, ist ja, weil auch ich dabei immer etwas lerne. Ich will natürlich auch erreichen, dass ihr ins Nachdenken kommt, aber wenn ich dabei auch was lerne, ist das ja nicht verkehrt. Als das Interview mit Andreas Ehrlich von den Ehrlich Brothers anstand, war die Reaktion meiner Kinder natürlich sofort: Mama, frag nach einem Zaubertrick.
Habe ich nicht getan, dafür aber nicht nur gelernt, dass Andreas und Chris von sich selbst nie als Zauberer sprechen, sondern auch, warum die Beiden seit so langer Zeit so erfolgreich sind. Ich würde ja sagen: Lasst euch verzaubern, aber wie Andreas so schön sagt: Können wir ja nicht …
Was können die Leute von eurer „Diamonds“-Show erwarten?
Andreas Ehrlich: „Diamonds“ ist unsere Best-of-Show. Wir haben unsere Fans gefragt, was sie nach zehn Jahren unbedingt noch mal auf der Bühne sehen wollen. Unsere größten Illusionen gehen auf Kindheiträume zurück, deswegen erscheint in „Diamonds“ zum Beispiel das weltgrößte Süßigkeitenglas und ein tonnenschwerer Monstertruck aus dem Nichts. Wir werden auch wieder durch die Arena fliegen wie Schmetterlinge. Es ist eine Mischung aus unseren größten, spektakulärsten Illusionen.

Welche Illusion hat euch bisher am meisten Nerven gekostet – und warum gerade die?
Die Ideen für unsere Illusionen kommen uns meist beim Autofahren, unter der Dusche und auch im Traum. Wir haben ganze Notizbücher voll davon. Aber bis aus der Idee eine bühnereife Illusion wird, vergehen viele Monate, manchmal sogar Jahre. Das hat viel mit Trial and Error zu tun. Seit sechs Jahren arbeiten wir an einer riesigen Illusion, die wir nächstes Jahr bei unserer Stadionshow in Frankfurt zeigen werden. Der Weg dahin war von vielen Versuchen und Rückschlägen gezeichnet. Das hat schon einiges an Nerven gekostet.
Wie ist das eigentlich, wenn im Publikum jemand glaubt, er hätte euch durchschaut? Wie reagiert ihr darauf?
Es ist manchmal sehr amüsant, welche Theorien Zuschauer aufstellen. Aber für uns ist es am schönsten, wenn sie uns erzählen, dass sie in unserer Show so verzaubert waren, dass sie gar nicht mehr darüber nachgedacht haben, welches Trickgeheimnis dahinter steckt.
Wir denken bei Magie immer erst mal an Kinder, die sich total dafür begeistern können. Als Erwachsene*r gibt man sich eher abgeklärt, nach dem Motto: „Ich guck mir das an, aber eigentlich bin ich zu cool.“ Sind wir das wirklich?
Das erleben wir tatsächlich auch immer wieder mal so. Vor allem Männer sind am Anfang ein bisschen skeptisch. Da wird uns auch gern mal gesagt: „Mein Mann wollte gar nicht mit“ … Und dann ist da plötzlich so eine Euphorie.
Ich glaube, es liegt daran, dass wir die Tricks gar nicht so in den Vordergrund stellen. Bei uns geht es bei jeder Illusion auch um eine authentische Geschichte aus unserem Leben. Mein Bruder hat zum Beispiel mein erstes Auto, einen Golf 3, kaputt gefahren. Irgendwann kamen wir auf die Idee, eine Illusion daraus zu machen. Jetzt verwandeln wir ihn mit einer Goldgießerei in einen goldenen Lamborghini. Und alle gehen da mit. Denn man kann sich da schon reinversetzen, wie das ist, wenn der jüngere Bruder einem das Auto zu Schrott fährt.
Es gibt viele Erwachsene, die zu uns sagen: „Boah, zweieinhalb Stunden, ich habe gedacht, die Show wäre jetzt eine Stunde gewesen, so schnell ist sie vorbeigegangen.“
Wir nehmen die Menschen mit auf eine Reise. Am Ende sollen sie einfach eine schöne Zeit haben. Es geht nicht darum, dass sie sagen, dass wir die tollsten, coolsten, geilsten Tricks haben. Wir wollen in die Herzen der Menschen. Und mit „Diamonds“ gelingt uns das wirklich gut. Für uns fühlt sich die Show an wie die beste, die wir jemals auf die Beine gestellt haben. Das macht ungeheueren Spaß!

Das finde ich ja generell wichtig, dass man den Job, den man hat, gerne macht. In eurem Fall ist da aber schon auch echt viel Verantwortung dabei.
Das stimmt. Wir haben auf Tour ein Team von über 100 Leuten dabei. Da ist natürlich mal einer krank oder es gibt das eine oder andere Problem. Wir haben da auch mal mit Sorgen zu kämpfen, das ist ganz normal. Unser großes Glück ist, dass wir inzwischen ein so tolles Team um uns versamelt haben, das immer alles möglich macht. Das gesamte Team gibt alles dafür, dass die Menschen in unserer Show die perfekten Illusionen erleben.
Es hat sehr lange gedauert, bis wir die Menschen gefunden haben, die gleichgesinnt sind und mit Herzblut dabei sind. Dass wir die gefunden haben, berührt meinen Bruder und mich sehr. Ich glaube, ohne diese positive Dynamik unseres Teams würden wir diese Energie auf der Bühne auch gar nicht weitergeben können.
Natürlich wollt ihr die bestmögliche Show abliefern. Aber du hast gerade schon gesagt, dass ihr auch für wirklich viele Menschen verantwortlich seid, in eurem Team, aber ja auch bei den Zuschauenden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ihr da nicht auch Druck verspürt.
Nein, das ist auch so. Wir fühlen uns wirklich jedem Zuschauer verpflichtet. Eine Eintrittskarte kostet viel Geld, und es kommen zum Teil mehrere Generationen zu uns. Da kommt die Oma mit ihrem Enkel genauso wie das verliebte Paar. Wir wollen, dass jeder mit dem Gefühl nach Hause geht: „Wow, da hatte ich eine tolle Zeit.“
Für uns ist es ganz wichtig, dass eine Illusion, wenn wir sie neu angehen, so konzipiert ist, dass sie die Menschen berührt. Da müssen viele Dinge zusammengekommen: die Musik muss stimmen; wir wollen, dass der Pyroeffekt genau im richtigen Moment kommt, wo die Leute dann überrascht sind.
Ich beschreibe das immer wie ein orchestrales Werk, bei dem jedes Teilgewerk genau auf den Punkt funktionieren muss. Mein Bruder und ich sind häufig mit die ersten in der Arena und die letzten, die sie abends verlassen. Wir schauen uns immer alles an, weil wir wollen, dass die Leute, die zu uns kommen, das bestmögliche Erlebnis haben. Das kann dann bedeuten, dass wir schauen, dass zum Beispiel der Vorhang an einer Stelle ein bisschen mehr geöffnet werden muss, damit die Leute von der Seite auch gut sehen können. Auch bei solchen Entscheidungen sind wir voll dabei.
Unser Druck ist also vor allem der, dass wir die Menschen mit diesem „Wow“-Gefühl nach Hause schicken wollen, dass sie einen einmaligen Abend hatten. Ich denke, dass mein Bruder und ich dem durch viel Arbeit, Fleiß, Mitdenken und Herzblut gerecht werden und deswegen mit dem Druck gut umgehen können.
Ist das nicht aber auch Teil der Illusion, Dinge leicht wirken zu lassen, obwohl da so viel Arbeit drinsteckt? Wie viele Menschen glauben denn, dass sie zum Beispiel Kunst, Social Media oder Journalismus einfach so aus dem Ärmel schütteln könnten, weil das so leicht und einfach wirkt. Dabei ist es in vielen Berufen einfach nur ganz viel Arbeit, die das so leicht aussehen lässt.
Tatsächlich ist das in ganz vielen Branchen der Fall. Bei den Illusionen wird einem nichts verziehen. Wenn man da schluderig ist, dann funktioniert der Trick nicht. Du musst dir vorstellen, dass du über sechs, sieben Minuten eine Spannung aufbaust, bis du eine Stecknadel fallen hören könntest. Und dann kommt der Effekt: Wenn der nicht sitzt, dann gucken dich 20.000 Leute an und fragen sich: Was sollte das jetzt?
Wie sag man so schön: Alles ist schwer, bevor es leicht wird. Man muss diese viele Arbeit reinstecken, damit es leicht wirkt.

Mir fällt gerade auf: Ich sage immer Magie und Zaubertricks, du sprichst von Illusionen. Warum eigentlich?
Wir sind bei diesen Begrifflichkeiten nicht so empfindlich, denn letztlich verzaubern wir das Publikum ja. Aber wir sprechen von Illusionen. Es ist uns wichtig, dass die Menschen wissen, dass wir nicht zaubern können. Kein Mensch kann ja wirklich zaubern. Wir sind Illusionskünstler.
Das ist ähnlich wie in einem Hollywoodfilm, wo du auch genau weißt, dass das Hochhaus jetzt nicht wirklich in die Luft fliegt, sondern, dass es nur so aussieht. Wir wollen Illusionen kreieren, die Menschen inspirieren und sie emotional abholen.
Diese Herangehensweise passt auch gut zu eurem selbstgewählten Künstlernamen, oder? Ihr seid in dem Punkt sehr ehrlich.
Das war und ist uns ganz wichtig. Ich hatte circa 2001 in einer Fernsehsendung als Zauberer einen Auftritt. Danach bekam ich einen Anruf von einer krebskranken Frau, die mich gefragt hat, ob ich sie heilen kann. Erst da ist mir so richtig klar geworden, was für eine Verantwortung ich habe. Es gibt Menschen, die sind sehr affin dafür. Wenn ich jetzt behaupte, ich sei ein Wunderheiler, dann kann es passieren, dass es Menschen gibt, die mir das glauben.
Deswegen ist es uns so wichtig zu sagen: Wir sind Illusionskünstler. Wir laden euch zu einem unvergesslichen Abend ein und werden euch verzaubern, in dem Sinne, dass wir euch als Erwachsene dabei helfen, wieder ein Stück weit das Kind in euch zu entdecken. Aber wir haben keine übernatürliche Kräfte.

Ihr seid euch eurer Verantwortung da sehr bewusst!
Diese Welt, in der wir gerade leben, mit all den Social-Media-Auswüchsen, da entsteht eine große Leichtgläubigkeit. Es ist für uns total wichtig, da verantwortungsvoll mit umzugehen. Menschen können mit Social Media ganz schnell irgendwelche Erfolge erzählen. Das lässt sich ja nicht immer sofort überprüfen. Und dann folgen Menschen irgendwechen selbsternannten Gurus. Wir wollen keine Gurus sein. Wir sind wirklich tolle Illusionisten, mehr nicht.
Warum brauchen wir eine Auszeit vom Alltag und vielleicht auch so ein Erinnern an unser inneres Kind, was eure Show ja sehr offensichtlich schafft?
Ich sage gar nicht, dass alle das unbedingt brauchen. Aber ich glaube, dass es gerade in der heutigen schnellebigen Zeit, wo du täglich Stunden mit dem Smartphone verbringst, einfach wertvoll ist, sich einmal fallen und inspirieren zu lassen, vielleicht auch gemeinsam mit der Familie. Wir haben wirklich viele Familien, die uns nach dem Besuch einer Show schreiben und sich für diese wertvolle Zeit bedanken. Sie schreiben uns, dass sie lange darüber reden.
Außerdem geht es in unserer Show um Werte, die in der heutigen Zeit nicht mehr selbstverständlich sind. Wir erzählen von unseren Eltern, die uns beigebracht haben, Dinge zu reparieren, anstatt sie wegzuschmeissen. Objektiv haben die meisten mehr als sie in ihrem Leben brauchen. Aber wenn man etwas tiefer schaut, erkennt man eine große Sehnsucht nach gemeinsamen Werten.
Wir agieren da aber gar nicht mit dem erhobenen Zeigefinger. Wir sind, wie wir sind. Vielleicht ist das der Grund dafür, dass wir so unfassbar tolle Fans haben. Ich hätte nie gedacht, dass wir vielleicht mal ein Vorbild für so viele Menschen sein könnten. Das fühlt sich unwirklich an.
Die „Ehrlich Brothers DIAMONDS– Die große Jubiläumsshow“, die in der Dortmunder Westfalenhalle aufgezeichnet wurde, könnt ihr am Samstag, 27. September 2025, um 20.15 Uhr im ZDF anschauen. Alternativ könnt ihr die Show zu einer für euch passenden Zeit ab dem 27. 09. auch in der ZDF Mediathek streamen.
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