Mit Bettina Zimmermann könnte ich vermutlich stundenlang in den Austausch gehen und es würden immer noch Themen übrig bleiben. Das wurde im Interview recht deutlich, denn wir sprachen nicht nur über ihre neue Synchronrolle als CyberScrooge“ (und erstmalige Bösewichtin) in „Mission Santa – Ein Elf rettet Weihnachten“, sondern auch über überforderte Eltern (Weihnachtsbäckerei, die Kinder und ich…), Weihnachtsvorbereitungen, Kommerzialisierung und was das größte Kompliment ist, das Kinder einem machen können. Und über Hoffnung haben wir auch gesprochen.
Erzählt mal, was euch gerade Hoffnung macht.
Bettina, du sprichst in „Mission Santa“ CyberScrooge, die ja durchaus etwas Tragisches an sich hat.
Bettina Zimmermann: Ja, die ist nicht nur böse, auch wenn man das im ersten Moment natürlich denkt. Wenn man dahinter schaut, merkt man, dass sie einfach nur eine verletzte Kinderseele ist. Das ist ja bei vielen so, die nie wahrgenommen wurden, die so sehr verletzt wurden und das alles mit sich selbst ausmachen mussten. Ich finde es so schön, wie sich das im Film auflöst, auch wenn wir das an der Stelle noch nicht verraten wollen.

Wir können aber verraten, dass der Film durchaus eine sehr wichtige Message für die vermeintliche Bösewichtin und alle, die so fühlen, hat.
Genau. Normalerweise wird nicht nach den Ursachen geforscht, warum sich jemand auf eine bestimmte Art verhält. Da wird lieber verurteilt. Das beobachte ich tatsächlich viel im Alltag, dass uns die Kommunikation verloren geht. Wir reden nicht mehr so viel miteinander, hören einander nicht mehr zu. Statt miteinander ins Gespräch zu gehen, haken wir Fragen wie „Wie geht’s dir?“ schnell ab. Wenn der andere sich nicht traut, zu sagen, wie es ihm wirklich geht, und mit „Ja, gut“ antwortet, gehen wir darüber hinweg. Und wenn er sich öffnet und sagt: „Naja, geht so“, dann stimmen wir ein und sagen: „Ja, eben, muss ja.“
Das ist nicht Zuhören. Und es ist auch kein Verzeihen. Wenn jemand etwas falsch gemacht hat, wie mein CyberScrooge zum Beispiel, die ja wirklich Weihnachten in Gefahr gebracht hat, dann bekommt derjenige eigentlich keine Chance mehr. Ich will das auch nicht schönreden, was sie da macht, das ist absolut nicht in Ordnung. Aber im Film darf sie in der Gemeinschaft heilen. Ich wünsche mir viel mehr, dass wir niemanden ausschließen, wenn er mal einen Fehler gemacht hat.
Ich beobachte, dass heute alles so viel schnelllebiger ist. Unsere Kinder sind durch die digitalen Medien ganz anderen Dingen ausgesetzt, auch wenn man das zu Hause vielleicht von ihnen fernhält. In der Schule werden sie damit konfrontiert. Ich finde, Kindern wird ihr Kindsein manchmal zu früh genommen. Sie kommen noch nicht damit klar, wenn jemand anderes sie schubst, haben auf dem Smartphone aber Zugang zur ganzen Welt. Ist doch klar, dass das überfordert.
Eltern sind aber vielfach auch überfordert, und dann endet das damit, dass alle nur noch aufs Handy schauen, statt miteinander zu interagieren.
Das beobachte ich auch, dass dann schon Zweijährige vor dem iPad sitzen, statt mit Knete zu spielen. Ich hab immer Spielzeug in der Tasche. Es ist ja klar, dass Kinder sich nicht stundenlang beschäftigen können, aber Angebote kann man doch machen.
Das heißt aber auch, sich mit den Kindern zu beschäftigen, statt alle ihr eigenes Ding machen zu lassen. Und das strengt manchmal an.
Wir frühstücken gemeinsam, auch unter der Woche. Der Tag beginnt und endet mit Gesprächen. Am Abendbrottisch kann man dann über den Tag sprechen, und selbst wenn Kinder im Teenageralter vielleicht mal nicht so viel reden wollen, gibt ihnen dieser Rahmen die Möglichkeit, es zu tun. Sie wissen: Wenn sie wollen, sind wir da.
Es gibt selbstverständlich Ausnahmen. Wenn du selbst am Limit bist und nichts mehr geht, dann musst du Abstriche machen. Aber das kann man ja benennen. Dann sagt man: Das ist jetzt ein Pippi-Langstrumpf-Tag. Dann laufen eben alle einen Tag im Schlafanzug rum, gucken einen Film und essen im Bett. Wenn man das benennt, dann ist klar: Das ist eine Ausnahme. Etwas Besonderes, das Spaß macht, im Kopf hängen bleibt, weil es nicht der Alltag ist.

Apropos Alltag: In nahezu allen Weihnachtsfilmen für Kinder kommt diese Gut-und-Böse-Liste vor. Was ist deine Meinung dazu?
Generell ist so eine Liste absurd. Sie in der Weihnachtszeit zu führen und dann damit zu drohen, dass es weniger Geschenke gibt, das finde ich unmöglich. Wenn ein Kind sich Mühe gibt, dann sollte man das anerkennen. Es geht ja nicht darum, alles schön zu finden, aber die Bemühungen anzuerkennen. Das fehlt mir in der Schule oft. Kein Kind kann alles, und ich finde es schrecklich, wenn denen gesagt wird, dass sie irgendwas hätten besser machen können. Und Geschenke weil man etwas besonders gut gemacht hat? Genauso unnötig.
Da wären wir dann auch bei der Kommerzialisierung von Weihnachten, etwas, das „Mission Santa“ ja kritisch betrachtet. Die Elfin Coco, die alles auf Effizienz ausrichtet, da erkennen sich viele Eltern in der Vorweihnachtszeit sicher auch wieder. Es werden noch schnell Geschenke mit Druck bestellt, weil man das eben so machen muss.
Mein Papa hat das toll gemacht, der hat sich damals immer vier Wochen vor Weihnachten einen Tag freigenommen und ist dann in die Stadt gegangen, um für meine Mama ein Geschenk zu kaufen. Der hat geguckt, was ihm da so über den Weg läuft, und dann mit Bedacht was ausgewählt.
Es geht doch darum, sich Gedanken für jemanden zu machen. Natürlich gibt es Wünsche, die Kinder haben, und wenn man einige davon erfüllen kann, ist das super. Bei uns bringt der Weihnachtsmann die Geschenke, und wir haben auch immer erklärt, dass nicht jeder Wunsch erfüllt werden muss und es dafür auch andere Geschenke geben kann. Träume können manchmal ja ein bisschen länger Träume bleiben, oder?
Durchaus. Und ich bin auch eine große Verfechterin von „Zeit statt Zeug“.
Ich auch. Ich wünsche mir Zeit oder auch ausgedruckte Fotos, weil ich selber oft nicht dazu komme. Ich liebe auch Fotobücher als Geschenk, weil man sich die so gerne anguckt. Damit geht man auch anders um, als wenn man sie nur auf WhatsApp anschaut.

Ein Zitat aus dem Film, das ich sehr mochte, lautet: „Weihnachten vermittelt immer Hoffnung.“ Was macht dir Hoffnung?
Momentan ist es sehr erdrückend, und man muss viel Kraft aufwenden, um Hoffnung zu haben. Wenn man seine eigenen Kinder anguckt, hat man auf der einen Seite wahnsinnig viele Ängste, was die Zukunft anbelangt. Ich glaube, es gibt kaum ein Elternteil, dem es nicht so geht. Auf der anderen Seite machen einem die Kinder aber auch Hoffnung. Weil da eine Generation heranwächst, die das Blatt doch noch wenden kann.
Der 21. Dezember ist der dunkelste und kürzeste Tag des Jahres. Wenn wir den geschafft haben, geht es wieder bergauf. Mir hilft es, das Haus weihnachtlich zu schmücken, ich finde das schön und kenne das von meiner Mutter auch so. Jeder, der zu uns kam, meinte: „Wow, hier sieht’s wirklich aus wie beim Weihnachtsmann.“ Es war aber nie kitschig.
Bei uns duftet es nach Weihnachtsgewürzen, frischen Plätzchen und Tannengrün. All das versuche ich den Kindern auch so weiterzugeben. Es ist eine schöne Zeit, wir mummeln uns ein, verbringen gemeinsam Zeit, backen Plätzchen. Und dann kommen noch Freunde vorbei, und wir sitzen mit denen zusammen.
Am Tag vor Weihnachten wird mit allen Kindern Salat geschnippelt, alles von Hand zubereitet und stundenlang gekocht. Wir sitzen zusammen und hören Weihnachtsmusik. Wenn ich daran denke, wird mir sofort warm ums Herz. Das ist für mich auch Hoffnung. Weil es Momente der Unbeschwertheit sind, wenn wir zusammen Zeit verbringen. Da kann ich alles andere für einen Moment vergessen.
Ich bin da ganz bei dir, aber ich MUSS einen Schritt zurückgehen, weil das das Einzige ist, wo ich mich wirklich jedes Jahr aufs Neue frage, warum ich mir das angetan habe, das Plätzchenbacken mit den Kindern ist. Hast du da ’nen Tipp für mich?
Was ist denn da so schrecklich für dich?
Das ganze Chaos. Nach dem ersten Ausstechen hat niemand mehr Lust, und besinnlich ist es bei den Kindern auch so gar nicht.
Verstehe. Ich bereite so zwei, drei Teige vor, da weiß ich, dass ich die allein backen werde. Die essen alle super gern und es muss nichts ausgestochen werden. Und dann gibt es die klassischen Ausstecher-Plätzchen. Wenn die Kinder keine Lust mehr auf Ausstechen haben, dann gehen wir zum Freestyle über.
Dann arbeiten sie mit dem Messer oder rollen Kugeln, experimentieren viel. Es kommen immer so lustig-absurde Sachen dabei raus, dass das viel Spaß macht. Es ist ja auch verständlich: Wenn da jeder Ausstecher fünfmal benutzt wurde, ist die Laune weg. Ich bin da auch keine Perfektionistin, sondern ganz entspannt.

Du hast ja schon einige sehr bekannte Synchronrollen gesprochen, aber zum ersten Mal jemanden, die vermeintlich böse ist. Warum sind die Bösen manchmal auch einfach die cooleren Figuren?
Zumindest stimmlich sind sie auf jeden Fall interessanter. Und an sich sind sie so stark in dem Moment, so klar in ihren Ansagen, dass wir das gut finden. Da gibt es keine Zweifel: Die haben ihr Ziel vor Augen, ihre klare Mission, und die lassen sich davon auch nicht abbringen. Das ist doch spannend.
Das Spannende an CyberScrooge ist, dass sie zwei Gesichter hat und auch zwei Stimmen. Denn sobald das Mikrofon aus ist, ist ihre Mission auch kein Thema mehr. Da kümmert sie sich.
Ich sagte ja schon, dass ihre Wut aus ihrer eigenen verletzten Kinderseele kommt. Gleichzeitig ist sie zu purer, bedingungsloser Liebe fähig.

Da wären wir dann bei der Mutterliebe, der genau das ja auch nachgesagt wird. Aber manchmal, da hadere ich auch damit kurz …
Natürlich! Es gibt Momente, da möchte man ausrasten. Aber kaum schlafen sie, guckt man sie an und denkt, dass es die süßesten Geschöpfe sind. Da möchte man sie am liebsten aufwecken und ihnen das sagen. Gott sei Dank haben wir da auch einen Impuls in uns, der uns davor bewahrt. [Sie lacht]
Und weißt du, was das größte Kompliment ist? Wenn die Kinder ausgezogen sind und dann gern nach Hause kommen. Wenn sie freiwillig, ohne Anlass vorbeikommen und Zeit mit einem verbringen. Denn natürlich sagen auch meine Kinder, dass ich zu streng bin und zu viel verbiete. Ich hoffe immer, dass sie das irgendwann verstehen.
„Mission Santa – Ein Elf rettet Weihnachten“ läuft ab 06. November in allen Kinos. Tipps für eine wirklich besinnliche Weihnachtszeit (und entspanntes Plätzchenbacken) nehme ich sehr sehr gern entgegen. 😀

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