Die Serie „HUNDERTDREIZEHN“ wird euch ziemlich von den Socken hauen. Und vielleicht auch dazu anregen, über euer eigenes Leben nachzudenken. Denn die Frage ist ja wirklich immer: Wenn es morgen vorbei wäre, würde ich dann etwas bereuen? Ich muss gestehen, es gibt Tage, an denen ich die Frage sehr gut beantworten kann. Und Tage, da denke ich: Oh wow, immerhin noch da.
Deswegen habe ich mich so auf die Interviews zur Serie gefreut. Denn mit Anna Schudt konnte ich nicht nur darüber sprechen, ob und was sie in ihrem Leben verändern würde, sondern auch die Frage, wie viel wir eigentlich wirklich voneinander wissen. Anna Schudts Antwort finde ich ziemlich tröstlich. Und ihr?
Was macht die Zahl 113 mit dir?
Anna Schudt: Ich denke an unsere Serie. Unser Autor Arndt Stüwe las in der Zeitung, daß statistisch gesehen 113 Menschen von einem Unfalltoten betroffen sind und hat daraus die Serie 113 entwickelt.

An deiner Figur Riccarda kann man so schön sehen, wie Verzeihen funktionieren könnte. Dabei ist das oft schwer. Wie verzeihen wir?
Verzeihen ist Arbeit. Verzeihen ist ein langwieriger und meist schmerzhafter Prozess, doch wenn es gelingt, kann er eine Befreiung sein für alle Beteiligten. Trotzdem ist es anstrengend, gerade wenn, wie bei unserer Geschichte, gar kein Gegenüber mehr da ist. Wenn da niemand mehr ist, der einem Fragen beantwortet, an dem man sich abarbeiten kann. Man muss lernen, sich auch selbst zu verzeihen.
Man verzeiht nie für jemand anderen, man tut es für sich.
Ja, das stimmt wohl, das ist schlau.

Was „HUNDERTDREIZEHN“ auch so beeindruckend zeigt, ist, dass wir in jedem Moment unseres Lebens noch mal von vorn anfangen könnten, wenn es nötig ist. Welchen Weg würdest du gehen, wenn du jetzt noch mal von vorne anfangen müsstest?
Ich würde vielleicht noch ein paar Sachen dazunehmen und mir ein bisschen mehr Zeit lassen. Aber wenn ich nicht all das wüsste, was ich heute weiß, würde ich es wahrscheinlich ganz genauso noch mal machen. Ich finde es so, wie es gelaufen ist, nämlich ziemlich spannend und gut, für mich hat es einen logischen Verlauf und immer noch bin ich neugierig was der neue Tag an Überraschungen bereithält.
Das heißt, das, was du machst, da, wo du jetzt stehst, das ist genau das, was du machen möchtest.
Das ist eine sehr komplizierte Frage. Denn für dieses Leben, wie ich es führe, ist es genau richtig so. Wenn ich jetzt ein anderes Leben wählen könnte, dann wüsste ich ja gar nicht, was mein Fokus wäre. Ich habe an den Stationen, an denen ich wählen konnte, Entscheidungen getroffen. Wo andere Entscheidungen mich hingeführt hätten, weiß ich nicht.
Wenn ich nochmal jünger wäre, hätte ich vielleicht Lust auf eine medizinische Ausbildung, um etwas zu tun, wo ich nicht so sehr um mich selber kreise. Aber ich bin ja nicht jünger, sondern genauso alt, wie ich bin. [Sie lacht]

Riccarda Hövemann (Anna Schudt) sucht auf der Unfallstelle nach ihrem Lebensgefährten, den Fahrer des Unfallbusses.
© WDR/Windlight Pictures/Satel Film/Frank Dicks
Deine Riccarda weiß nichts vom Doppelleben ihres Mannes. Es wäre ohne diesen Unfall vermutlich auch nicht aufgefallen. Gibt es eine Möglichkeit, wie wir mehr voneinander wissen?
Je älter ich werde, desto mehr merke ich, wie verschieden unsere Wahrheiten sind, unsere Sicht auf die Welt, die Bilder, die wir voneinander haben. Da wir denken, unsere Wahrheit ist die einzig existierende, kommt es zu unendlich vielen Missverständnissen. Ich übe mich darin, jeden Tag neugierig auf die Wahrheit der anderen zu sein und den Versuch zu machen zu verstehen. Wenn es nicht gelingt, kann man auch nur respektieren, dass der andere es eben anders sieht und versuchen nicht ärgerlich zu werden. Aber ehrlich gesagt wäre die Welt auch sehr langweilig, wenn wir alle gleich wären und wir nicht mehr übereinander staunen könnten.
„HUNDERTDREIZEHN“ kommt am 14. und 15.10.2025 in jeweils drei Folgen in der ARD. Ihr könnt die Serie ab sofort auch in der ARD Mediathek anschauen.
Was denkt ihr, wie viel können wir jemals wirklich übereinander wissen?
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